Liebe Leserinnen und Leser,
unser Forum in der Gesamtschule liegt nun schon einige Wochen zurück. Etwa 100 Personen haben über den Tag verteilt über Zukunftsfragen beraten. Die Themen haben sich aus der Kartenabfrage in den einzelnen Kirchen herauskristallisiert. Andere kirchenpolitischen Themen, die ebenfalls wichtig sind (u.a. Rolle der Frau in der Kirche, Missbrauch) haben wir bewusst an diesem Tag ausgespart, weil wir über diese Themen vor Ort nicht entscheiden können. Ich nehme dankbar wahr, dass in unseren Gemeinden immer noch eine beachtliche Zahl von Menschen Interesse an kirchlichen und religiösen Fragen zeigen.
Warum ein Pastoraler Prozess?
Aber machen wir uns nichts vor: Der Abbruch und der Bedeutungsverlust von Glauben und Kirche nimmt auch in unserem ländlichen Raum rasant zu. Gerade die junge Generation fragt sich: Wozu brauche ich den christlichen Glauben? Gibt es Gott überhaupt, und ist er für mich da? Wozu braucht man heute noch Gottesdienst und die Kirche?
Genau deshalb haben wir den Pastoralen Prozess an den Start gebracht: weil es uns nicht egal sein kann, was hier vor Ort passiert. Der Spannungsbogen bei den Diskussionen war sehr breit. Von der Angst vor Veränderung (bei uns muss alles so bleiben) bis hin zum Mut, deutliche Schritte nach vorne zu gehen (das was wir jetzt machen spricht doch nur noch Wenige an).
So ein Prozess ist im Kern immer auch ein geistlicher Prozess. Dankbar bin ich für die Hl. Messe, die wir im Garten der evangelischen Kirchengemeinde gefeiert haben. Denn es gilt immer wieder auch auf „IHN“ zu hören.
Themen, über die beraten wurden:
- Zerrissen? – Gemeinde lebt zwischen Tradition und Aufbruch.
- Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind? – Wie feiern wir Liturgie?
- Sind wir gemeinsam unterwegs? – Kirche als Gemeinschaft von Glaubenden.
- Noch Bock auf Kirche? – Was junge Menschen über Kirche heute denken.
- Zwischen Engagement und Überforderung? – Wie geht Ehrenamt heute?
- Mein persönlicher Glaube – Wo kann ich ihn leben? Wo finde ich Hilfe?
- „Dort, wo wir einander die Füße waschen, wo wir einander dienen, geschieht Kirche“ – Handeln aus Nächstenliebe.
So geht es weiter
Mit dem Forum sind diese Fragen nicht abgearbeitet. In den kommenden Wochen wird weiter überlegt, wie wir hier vor Ort bewährtes bewahren und neue Wege konkret gehen werden. Es gibt Stimmen, die sagen: „Na mitreden brauche ich da ja nicht. Der Pastor sagt schon, wo´s lang geht.“ Das ist nicht mein Kirchenbild! Ein solches Kirchenbild hat auch keine Zukunft.
Gemeinsam – denn wir alle bilden die Kirche, eine Kirche der Getauften. Als solche sind wir persönlich berufen, uns einzusetzen. Außerdem: ohne die Beteiligung aller wird es kaum gelingen, eine Kirche der Zukunft zu gestalten, denn die durch das Hauptamt getragene Kirche, die wir alle kennen, wird es wohl bald in der bekannten Gestalt nicht mehr geben.
Veränderungen in unserer Gesellschaft geschehen heute viel schneller als früher. Das betrifft auch die Kirchen; wir sind eben Teil der Gesellschaft. Schon heute haben wir genügend Hinweise, wo „der Zug“ hingeht. Diese gilt es wahrzunehmen und daraus Rückschlüsse für unser Tun als Kirche zu ziehen. Die Gemeinschaft der Christen wird es immer geben- dafür ist es die Kirche Jesu Christi. Aber eben anders! Und genau dieses „anders sein“ gilt es schon heute in den Blick zu nehmen und sich darauf vorzubereiten. Alles andere wäre für mich verantwortungslos!
Ich freue mich auch weiterhin, Wege in die Zukunft gemeinsam mit Ihnen zu gehen.
Ihr
Pfarrer
Andreas Kurte