Gehrden, März 2025
Liebe Unterstützer/innen und Interessierte
Von meiner zweimonatigen Äthiopienreise „Gott sei Dank“ wohlbehalten zurück, möchte ich Ihnen auf diesem Weg die vielen herzlichen Grüße, Dank und Segenswünsche der Menschen in den Projekten weitergeben – erst durch Ihre Unterstützung ist die Hilfe vor Ort möglich!
Mein Flug ging von Addis Abeba direkt nach Jimma, die Schwestern Mutter Theresas zu besuchen, die dort ein durch Spenden finanziertes Krankenhaus für mittellose Menschen der Region betreiben. Auch für mich persönlich ein kostbarer Kontakt und Anlaufpunkt, um für schwerstkranke Menschen, die mir während meiner Aufenthalte begegnen, Hilfe zu finden. Als ein Beispiel sei Genet genannt, aus Agaro Bushi. Vor zwei Jahren war sie mit 16 an einem Kehlkopftumor erkrankt. Als sie uns um Hilfe bat, war sie abgemagert, konnte nicht mehr sprechen und kaum noch atmen, ihre Überlebens Chance minimal, der lange Transport bis nach Jimma (6 Stunden Pickup Fahrt) riskant. Im Endeffekt wurde sie durch die Hilfe der Schwestern in Addis operiert und nach einer längeren Erholungszeit gesund entlassen. Sie geht weiter zu Schule und möchte Krankenschwester werden.
In diesem Jahr war es eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern, 10-jährige Zwillinge und ein einjähriges Kind, die durch einen Kindskopf großen Zungentumor keine feste Nahrung aufnehmen konnte, und völlig entkräftet und verzweifelt um Hilfe bat. Ein Aufnahmetermin mit den Schwestern Mutter Theresas in Jimma konnte zügig vereinbart werden. Schwieriger war es jemanden zu finden, der die Kinder in der Zwischenzeit zuverlässig versorgen würde. Wir fanden eine geeignete ältere Frau der Kirchengemeinde, die bereit war die Kinder auch über einen längeren Zeitraum bei sich aufzunehmen und zu versorgen. Zur Unterstützung erhält sie zusätzliche Lebensmittel und die Übernahme der Kosten für benötigte Schulmaterialien, Seife und Kleidung der Kinder. Über das Wohlergehen der Kinder konnte ich mich bei den wöchentlichen Treffen überzeugen. Der Tumor der Mutter hat sich als gutartig herausgestellt. Wegen seiner immensen Größe ist geplant ihn in mehreren Etappen zu entfernen, da eine Wiederherstellung des Gesichtes notwendig sein wird. Zusätzliche Kosten sind über eine private Spende gesichert.
Im Kinderheim in Chiri leben aktuell 12 Kinder im Alter von 11/2 – 15 Jahren. Die Räumlichkeiten sind nur mit dem absolut notwendigsten ausgestattet. Eine landestypische Küche, Toiletten und Dusche, Waschgelegenheit (kaltes Wasser) sind auf dem Gelände verteilt – was besonders in der Regenzeit viele Schwierigkeiten mit sich bringt. Die Kinder werden von „Hausmüttern“ wie in einer großen Familie versorgt. Leider hat keine von ihnen eine pädagogische Ausbildung. Trauerarbeit, Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen oder besondere Förderung für Kinder mit Beeinträchtigung bleiben leider außen vor. Eine gute Beobachtung und Dokumentation, die genaue Medikamentengaben für an Epilepsie leidende bzw. an AIDS erkrankte Kinder zu fördern waren Teil meiner Mitarbeiter Schulungen. Um die Ernährung der Kinder verbessern zu können, haben wir zusammen mit den größeren Kindern und dem Haustechniker einen Gemüsegarten angelegt. Es ist geplant auch Bananen, Mango und Avocados anzupflanzen. Zwei der Jungen, 15 und 12 Jahre alt, hatten die Idee ein Hühner Projekt zu starten, haben ein geschütztes Gehege plus „Hütte“ gebaut und auf dem Markt 3 Hühner gekauft, die sie verantwortungsvoll versorgen. Materialkosten und Futtergeld für drei Monate habe ich gern übernommen. Über den Eierverkauf (an das Kinderheim oder auf dem Markt) können sie künftige Futterkosten abdecken und evtl. weitere Hühner anschaffen. Buchführung und die Finanzen werden erstmal noch gemeinsam mit der Heim Leitung besprochen.
Dem Kinderheim angeschlossen ist ein ambulantes Hilfsprogramm (RCAR), welches Kindern der Umgebung aus besonders schwierigen sozioökonomischen Verhältnissen Schulbildung, ausreichende Ernährung und Zugang zu medizinischer Behandlung ermöglicht. Wie so oft, sind ganz besonders alleinerziehende Mütter oder Großmütter betroffen, die in unvorstellbarer Not leben. Zum äthiopischen Weihnachtsfest, am 6. Januar, haben wir 25 der bedürftigsten Menschen ins Kinderheim eingeladen. Es wurde gesungen, getanzt und gebetet. Außerdem erhielten die Gäste zusätzliche Nahrungsmittel für ihre Familien. Weihnachtsgeschenke wie bei uns üblich, sind dort nicht bekannt bzw. absolut undenkbar… der gelebte, tiefe Sinn von Weihnachten – Gemeinschaft, Teilen, Dankbarkeit und Freude haben mich zutiefst berührt.
Als weitere notwendige Unterstützung der RCAR-Haushalte konnten wir, ebenfalls DANK IHRER SPENDEN, in Chiri und Agaro Bushi 40 Wolldecken und Sporthosen für alle Schulkinder verteilen, außerdem neue Bettwäsche für die Heimkinder anschaffen.
Neben dem Kinderheim befindet sich das Chiri Health Center (Vorstufe eines Krankenhauses) der mexikanischen Schwestern. Auch sie sind auf Spenden angewiesen, da die wenigsten Patienten ausreichend finanzielle Mittel für eine Behandlung aufbringen können. Besonders die steigenden Preise für Medikamente und Materialien sind kaum zu bewältigen. In der Abteilung für Kinder mit schwerster Unterernährung werden spezielle Milchen und Aufbaunahrungen benötigt, die ebenfalls sehr teuer und nur schwer zu bekommen sind. Die begleitenden Mütter/Großmütter sind in der Regel nicht in der Lage für ihre eigene Ernährung zu sorgen und sind somit ebenfalls auf die Unterstützung der Schwestern angewiesen. Not ohne Ende…
In der Agaro Bushi Medium Clinic sind im letzten Jahr die Patientenzahlen stark angestiegen. Ein Grund war eine Malaria Epidemie mit vielen schweren Verläufen und Toten. Medikamente, besonders für Säuglinge und Kleinkinder, standen nicht ausreichend zur Verfügung, Moskitonetze zur Vorbeugung waren nicht mehr lieferbar. Bestehende Hilfsprogramme durch die vereinten Nationen gelangen kaum in diese abgelegenen Orte und werden durch die aktuelle politische Lage der USA noch weitere massive Notlagen verstärken…
Erfreulich ist die Zunahme der Geburten in der Clinic, die durch Vorsorge- Impf- und Nachsorgeprogramme weiter stabilisiert werden können.
Für das Gesundheitsprogramm in den Dörfern konnte eine Fachkraft eingestellt werden, die in Zusammenarbeit mit den Dorfhelferinnen und der Mitarbeiterin des RCAR Programms ein starkes Team zur Verbesserung der Schulungen zu Gesundheitsthemen wie gesunde Ernährung, Hygiene, sauberes Wasser, Impf- und Vorsorge Programme, Familienplanung u.vm. bildet.
Die Mensch betreiben überwiegend kleine Landwirtschaften, die allerdings kaum den Eigenbedarf decken. Hauptnahrungsmittel ist eine Art Brot, das aus der Ensete Pflanze (falsche Banane) hergestellt wird. Es sättigt, enthält jedoch als alleiniges Nahrungsmittel zu wenig wichtige Nährstoffe. Um den Ernährungszustand zu verbessern und Mangelerscheinungen zu reduzieren, haben wir in Zusammenarbeit mit einer bestehenden Frauengruppe, die seit einigen Jahren sehr erfolgreich Gemüse anbaut, Schulungen zum Gemüseanbau in Theorie und Praxis für 12 Haushalte des RCAR Programms gestartet.
Seit Februar 2025 findet einmal pro Woche auf dem Clinic Gelände ein „Good food“ Programm statt, an dem Frauen mit ihren unterernährten Kindern teilnehmen. Die Entwicklung der Kinder wird überprüft und dokumentiert. Die Mütter oder Großmütter lernen eine Art Porridge aus regionalem Getreide herzustellen und regionales Gemüse und Obst zuzufügen. Ein anschließendes „Show Cooking“, bei dem jeweils einige Teilnehmerinnen aktiv mit einbezogen werden, in Kombination mit theoretischen Schulungen zu Ernährung und Gesundheit runden das Programm ab. Zum Schluss wird gemeinsam gegessen und erfreulicherweise auch rege über die aktuellen Themen diskutiert. Als kleine Anerkennung für die Teilnahme und Motivation weiterhin zu kommen, erhält jede Frau ein kleines Geschenk, z.B. ein Stück Seife.
All das sind kleine mühselige Schritte auf dem Weg in eine bessere, hoffnungsvolle Zukunft. Ein äthiopisches Sprichwort sagt: „Schritt für Schritt beginnt das Ei zu laufen“
Die letzten Tage meiner Reise habe ich bei den Missionsärztlichen Schwestern in Attat verbracht, die dort ein Krankenhaus betreiben und vielen, von Ihnen bekannt sind. Auch sie sind weiterhin auf Unterstützung angewiesen, da nur 38% der Betriebskosten durch Patientenbeiträge abgedeckt werden können. Aktuell wird dringend ein neuer höhenverstellbarer OP-Tisch benötigt, da bei dem vorhandenen die Hydraulik nicht mehr funktioniert.
Es war wieder eine sehr intensive Zeit, mit vielen guten Begegnungen, glücklichem Wiedersehen, fröhlichen Kindern trotz ihrer traurigen Schicksale, hoffnungsvollen kleinen Schritten in großen Nöten – aber auch kaum zu ertragendes Leid, Elend, Verzweiflung und Hilflosigkeit…
Es gibt noch viel zu tun – nur gemeinsam Schritt für Schritt, ist Hilfe zur Selbsthilfe möglich!
Herzlichen Dank – auch im Namen der betroffenen Menschen in Äthiopien – für Ihr Interesse, Ihre Unterstützung, Ihr Mittragen im Gebet und für Ihr Vertrauen!
Yerimba – möge Gott es Ihnen vergelten!
Ihre Maria Sander